A.Petz Der Schneeberg in den Niederösterreichisch-Steirischen Kalkalpen gelegen, ist mit seinem 2076m hohen Klosterwappen nicht nur Niederösterreichs höchster Berg und seit 1873 Wiens erster und zuverlässigster Trinkwasserlieferant, sondern auch mit seinem 2061m hoch gelegenen Kaiserstein der östlichste Zweitausender der Alpen. Aufgrund seiner Nähe zum Wiener Raum wurde der Schneeberg, ebenso wie die Rax, Ende des 19. Jahrhunderts ein beliebtes Ziel für Bergsteiger und Bergwanderer. Besonders, seit am 25. September 1897 der beschwerliche Aufstieg durch die brüchigen Felsabstürze mit einer Zahnradbahn bis auf 1800m hinauf umfahren, und so das Plateau mit seinen weiten Almwiesen und leichten Anstiegen auf den Doppelgipfel bequemer erreicht werden konnte. Für die zu erwartende große Anzahl von Gästen wurde 1898 von den Wiener Theaterarchitekten Helmer & Fellner direkt über den letzten großen Felsabbrüchen der Alpen das „Eisenbahn-Hotel Hochschneeberg“, heute „Berghaus Hochschneeberg“ errichtet, von dessen Terrasse man an klaren Tagen über das Wiener Becken bis hin zur Pannonischen Tiefebene blicken konnte, respektive kann. Auf einer Kuppe gegenüber dem kleinen Endbahnhof und unweit dem Hotel erfolgte im Frühjahr 1899 die Grundsteinlegung für den Bau der Kaiserin Elisabeth-Gedächtniskirche. Die Kirche, im Volksmund „Elisabethkircherl“ genannt, wurde zum Andenken an die am 10. September 1898 ermordete Kaiserin Elisabeth am 5. September 1901 „bei dicht verschleierter Gebirgslandschaft“ – wie in der „Neue Freie Presse“ vom 6. September 1901 berichtet wird – im Beisein zahlreicher Festgäste aus der Wiener Gesellschaft, der Politik und dem Adel, eingeweiht. Der Festgottesdienst wurde mit Franz Schuberts Deutscher Messe, dargeboten von Mitgliedern des Wiener Männergesang-Vereins, zelebriert.

So bildete sich am Schneeberg innerhalb von vier Jahren ein architektonisches Ensemble, das sich dem gerade aufkommenden Bergtourismus in den Zentralalpen anschloss. Die Ruhe suchenden Städter konnten nunmehr in luxuriöser Bequemlichkeit ins Gebirge gelangen. Dort bildeten sich im Geist romantischer Literatur, der akademischen Landschaftsmalerei und sinfonischer Dichtung dieser Zeit, ihre Sehnsüchte und Vorstellungen von Freiheit und Kontemplation weiter, oder sie genossen einfach nur die Variationen des Lichts während eines Sonnenuntergangs. Nach den beiden Weltkriegen blieb der Schneeberg, da er außerhalb der Massentourismusregionen der Zentralalpen liegt und durch den Eisernen Vorhang für Touristen aus Osteuropa bis zur Wende 1989 praktisch unerreichbar war, von der Fremdenverkehrsindustrie jahrzehntelang weitestgehend unbeachtet. Abgesehen von der Errichtung einer Richtfunkanlage auf dem Klosterwappen durch das österreichische Bundesheer in den 1970er Jahren, überdauerte dieser Gebirgsraum, Dank eines nostalgischen Schlafs, praktisch unverändert auch die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts.

110 Jahre nach Eröffnung der Zahnradbahn, respektive nach der ersten großen massentouristischen Erschließung des Schneebergs, begannen im Sommer 2007 die Arbeiten an maßgeblichen Veränderungen am Schneeberg. Der Felshang vor dem Berghaus Hochschneeberg wurde vom Bundesheer Stück für Stück abgesprengt, die so entstandene Fläche für eine neue Bahnhofshalle präpariert. 2008 wurde die Südfassade des Berghauses Hochschneeberg geöffnet, die dreigeleisige Bahnhofshalle an- respektive in das historische Berghaus mit eingebaut. Bildlich gesprochen brach mit Baubeginn des neuen Bergbahnhofs das 21. Jahrhundert in den in der Nostalgie des ausgehenden 19. Jahrhunderts verbliebenen Raum. Im Juli 2009 wurde der Bahnhof feierlich eröffnet, 2010 das umliegende Gelände hinsichtlich der Inszenierung des „Gesamtkunstwerks Hochschneeberg“ auf Basis eines Erlebnisraumdesignkonzepts zur touristischen Belebung weiter bebaut. Das „Paradies der Blicke“, gleichsam Corporate Design der Region als auch Themenweg rund um den Waxriegel, führt nunmehr an seinem Ende in das „Kaleidoskop“, einen Tunnel aus verschweißten dreieckigen eiserner Platten. Dieses „Kaleidoskop“ bietet Raum für multimediale Präsentationen und ist als „Landmark“ definiert der Höhepunkt des „Gesamtkunstwerks Hochschneeberg“. Im Juli 2011 wurde das „Paradies der Blicke“ als höchstgelegene touristische Attraktion Niederösterreichs eröffnet.

Text: Antonia Petz, Wolfgang Sohm